Virginia Kalla, Online-Redakteurin bei Employour
27. September 2016AAuf Bochums Partymeile, dem Bermuda3eck, lassen wir uns von Virginia Kalla durch die sich mittlerweile auf mehrere Etagen erstreckenden Räumlichkeiten von Employour führen. Als Studentin lernte Virginia viele Abteilungen beim Anbieter von Ausbildung.de und Co kennen, bevor sie beschließt Online-Redakteurin zu werden. In unserem Interview erzählt sie von täglichen Stand-ups, einem Besuch bei der Polizeiakademie und wie sie Anfragen aus Syrien beantwortet.
Vita
Schon während des Studiums der Germanistik und Anglistik an der Universität Duisburg-Essen bewirbt sich Virginia Kalla als Werkstudent bei Employour. Nach Abschluss des Studium steigt sie Vollzeit als Volontärin in der Online-Redaktion ein.
Tools
- Microsoft Office
- Photoshop und Gimp
- OnPage
- Skype, Asana, Google Mail
Hallo Virginia, was sind die Aufgaben eines Online-Redakteurs bei Employour?
Die Aufgaben der Online-Redaktion sind vielfältig, denn wir sind der Mittelsmann zwischen Unternehmen und Berufseinsteigern und dafür verantwortlich, dass die Zielgruppen auf unsere Portale gehen. Dort beantworten wir Fragen wie „Was möchte ich mal machen?“ oder „Habe ich als Praktikant Anspruch auf Urlaub?“
Dazu schreiben wir Blogartikel für unsere Portale, betreuen die Community via Email oder Social Media, aktualisieren oder SEO-optimieren alte Artikel und erstellen Berufsprofile. Außerdem kontrollieren wir die Bewertungen und machen auch die Bildbearbeitung selber.
Das heißt ihr habt vor kurzem das Berufsprofil des Pokémon Go-Trainers erstellt?
Ja, das habe ich tatsächlich geschrieben! Das war eine gute Gelegenheit die Zielgruppe über den emotionalen Weg zu erreichen, die ich mir nicht entgehen lassen wollte. Es ist wichtig Content zu liefern, der auch mal witzig ist und einfach Spaß macht.
Wie sieht denn ein typischer Redaktionsprozess für einen Text bei euch aus?
Je nachdem, ob es sich um einen Blogartikel oder um einen anderen Text handelt, kann ich mir die Einteilung entweder selbst machen oder ich nutze eine Word-Vorlage. Beim Berufsprofil zum Beispiel gibt es verschiedene Tabs und SEO-Headlines, in die ganz bestimmte Inhalte eingetragen werden müssen.
Bevor ich beginne einen Text zu schreiben, recherchiere ich die Inhalte. Je nachdem wie komplex das Thema ist, kann das schon auch mal aufwendiger sein. In meinem Notizbuch lege ich mir eine grobe Struktur an und dann schreibe ich den Text. Das kann bei einem Blogpost durchaus einen Tag dauern. Bei Berufsprofilen auch mal bis zu vier Tage.
Und wie sieht der Korrekturprozess aus?
Wenn der Text fertig ist, speichere ich die Word-Datei nach einem ganz bestimmten Schema ab und schiebe sie auf ein Netzwerklaufwerk. Dann erstelle ich ein Ticket in Asana und asigne das unserem Lektorat. Die zwei Mitarbeiter aus dem Lektorat sitzen bei mir im Büro und ich frage dann einfach, wer gerade Zeit hat. Wenn es dringend ist, bearbeiten die das noch am selben Tag, ansonsten erst am nächsten Tag. Dafür nutzen sie die „Änderungen nachverfolgen“-Funktion von Word.
Über Asana bekomme ich dann mit, wenn das Lektorat fertig ist und ich gehe wieder in den Text rein und schaue mir an, was angemerkt wurde. Wenn ich alle Korrekturen und Änderungen gemacht habe, erstelle ich wieder ein Asana-Ticket für das Lektorat und meistens kommt dann das OK, mit dem ich den Text dann entweder in unser eigenes System oder in WordPress einpflegen kann.
Product Jobs
Bei Blogs ist es meistens so, dass wir die Artikel eine Woche im Voraus schreiben und die Veröffentlichung dann planen.
Das heißt ein Text geht durch vier Hände?
Bevor er veröffentlicht wird schon. Meist schaut sich der Teamleiter eines Portals den Text auch noch kurz an, ob das so in Ordnung geht. Später geht nochmal jemand mit OnPage drüber, ob die Texte auch SEO-relevant sind. Das sind dann vier Personen.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Der Tag beginnt mit meiner Zugfahrt hierher, wo ich schon mal durch meine Timeline scrolle, um zu sehen, was gerade aktuell ist. Zwischen acht und halb neun komme ich dann im Bermudadreieck an. So heißt die Straße hier in Bochum, in dem sich auch unser Büro befindet.
Einen typischen Arbeitstag habe ich eigentlich nicht. Das Einzige, was sich ständig wiederholt, sind die täglichen Stand-ups, die wir jeden Morgen machen. Die sind ganz kurz, maximal zehn Minuten lang. Jeder sagt in drei Sätzen, was er sich für diesen Tag vorgenommen hat, damit der Rest des Teams Bescheid weiß und, je nach Thema, zusätzlichen Input liefern kann. Danach schaue ich kurz auf ein paar Webseiten vorbei wie zum Beispiel „The Guardian“, während ich auf den Kaffee warte.
Da ich in der ersten Hälfte des Tages immer etwas produktiver bin, lege ich alle Schreibsachen auf den Vormittag. Mir gehen die Texte am Vormittag einfach besser von der Hand. Die nicht ganz so kreativen Aufgaben wie E-Mails beantworten oder Bildbearbeitung erledige ich dann am Nachmittag. So gegen Fünf mache ich dann Feierabend.
Jeden zweiten Montag machen wir dann noch eine Schreibübung. Eine Person bereitet das vor. Ich war zum Beispiel letzten Montag dran und ich habe eine Social Media-Übung gemacht. Dafür habe ich alte Blogartikel herausgesucht und die Aufgabe war, einen Teaser für die Social-Media-Kanäle zu formulieren. Das dauert circa eine halbe Stunde. Das ist gut für die Kreativität und für das Team, weil wir sehen, auf was für Ideen die Anderen kommen.
Gibt es Aufgaben in deinem Job, wo du auch mal das Gebäude verlassen darfst?
Ja, ich war vor ein paar Wochen bei der Polizeiakademie in Selm und habe mit dem Personaler gesprochen, einfach, um mal einen Einblick zu bekommen. Das Berufsprofil des Polizisten gehört bei uns zu den meistgeklickten Profilen.
Ich war den ganzen Tag unterwegs und habe mir alles angeschaut und mit vielen Anwärtern gesprochen. Besonders beeindruckend war eine 37-jährige Frau, die aus einem sehr guten Job im Marketingbereich kam, aber nicht wirklich glücklich war. Sie wollte schon immer mal zur Polizei.
Als die Polizei die Altersgrenze von 33 auf 36 angehoben hat, hat sie sich gedacht, dass sie das einfach mal probiert. Und sie wurde genommen und ist jetzt seit einem Jahr Auszubildende bei der Polizei. Sie war super glücklich und es ist schön, wenn man sieht, dass man solchen Leuten helfen kann.
Was macht ihr für die Mitarbeiterfortbildung?
In regelmäßigen Abständen machen wir dreitägige Workshops. Da lernen wir zum Beispiel wie das Lektorat funktioniert, damit wir schon beim Schreiben darauf achten Fehler zu vermeiden. Oder einen Bildbearbeitungsworkshop. Beim Social Media Workshop geht es darum, auf dem aktuellen Stand zu bleiben was Tools angeht.
Wir wissen alle, wie sich die jungen Leute mehr und mehr von Facebook zurückziehen und Plattformen wie Snapchat oder Instagram nutzen. Und da überlegen wir uns, wie wir mit der Zeit gehen. Wir werden ja auch nicht jünger und sind nicht mehr in der Zielgruppe drin. Wer hätte vor fünf Jahren geglaubt, dass man sich mal über Snapchat bewerben würde?
Wie sieht dein beruflicher Werdegang aus? Wie bist du zu Employour gekommen?
Während meines Studiums der Germanistik und Anglistik habe ich mich als Werkstudent beworben und war dann ganz froh, dass ich genommen wurde, weil ich hier schon Leute kannte.
Vor zweieinhalb Jahren waren wir noch ein kleines Unternehmen und es gab an allen Ecken etwas zu tun und ich durfte viele verschiedene Dinge tun. Angefangen habe ich mit SEO-Telefonieren, bei dem es darum ging Backlinks zu akquirieren. Ich war an den Unis, um vor Ort bei den Studis Bewertungen für ihre Uni einzusammeln. Ich habe noch an vielen weiteren Projekten mitgearbeitet und war in fast jeder Abteilung einmal drin.
Vor einem halben Jahr habe ich dann mein Studium beendet und da war für mich schon klar, dass ich gerne redaktionell arbeiten würde. Ich habe dann mal nachgefragt und durfte mich bewerben. Seit Anfang des Jahres bin ich also Volontärin und produziere Content hier in der Online-Redaktion. Meine Vorerfahrung hier im Unternehmen hat mir da sicher geholfen.
Kannst du dein Anglistik-Studium hier ab und zu mal einsetzen?
Ich schreibe hauptsächlich auf Deutsch. Ganz selten kommt es dann mal vor, dass ich etwas auf Englisch mache. Und da bin ich dann ganz froh drum, denn dann verlerne ich das nicht so schnell. Gerade zum Flüchtlingsthema gab es Einiges, was ich auf Englisch übersetzt habe. Wir bekommen täglich Anfragen via Facebook oder per Email zum Thema Ausbildung in Deutschland, wie das ist, wenn man als Geflüchteter oder noch in Syrien lebend eine Ausbildung anfangen will. Das landet dann alles bei mir.
Welche Tools benutzt ihr in der Redaktion?
Wir nutzen Microsoft Office, ich hauptsächlich Word zum Schreiben. Dann nutzen wir auch Photoshop und Gimp zur Bildbearbeitung. OnPage ist für uns auch ein wichtiges Tool, denn damit optimieren wir unsere Texte.
Skype nutzen wir als Chat fürs Team. Da haben wir verschiedene Gruppen. Zum Beispiel eine für die Redaktion oder eine für alle, über die wir uns auch zum Mittagessen verabreden. Für die Ticketerstellung nutzen wir Asana. Außerdem haben wir noch Google Mail.
Wie muss man sich deinen Arbeitsplatz vorstellen?
Ich bin jemand der Ordnung am Arbeitsplatz braucht. Ich glaube, das kommt noch vom Studium, als man immer nach einer Ausrede gesucht hat nicht lernen zu müssen und dann angefangen hat aufzuräumen und zu putzen. Darum sorge ich dafür, dass mein Schreibtisch immer recht ordentlich ist, damit ich bloß nicht abgelenkt werde.
Ansonsten sieht er aus wie jeder Arbeitsplatz, denke ich. Ich habe einen Desktop-PC, einen Monitor, zwei Topfpflanzen, keine Fotos, einen Deskplaner, in den ich alles reinschreibe, was die Woche ansteht und Notizzettel. Die klebe ich an den Monitor und wenn ich die Sache erledigt habe, zerknülle ich sie und werfe sie in meinen Mülleimer. Und ich habe noch ein Notizbuch.
Wie nutzt du dein Notizbuch?
Ich glaube, ich fahre da ein Kontrastprogramm zu den meisten anderen Menschen hier in der Firma: Ich plane alles erstmal handschriftlich.
Das ist so eine Marotte von mir, aber damit fahre ich eigentlich ganz gut.
Wenn ich zum Beispiel an einem Blogbeitrag arbeite und Ideen sammle, dann schreibe ich die erstmal handschriftlich so runter, damit ich das ein bisschen ordnen kann. Das wird dann meist mit Farben sortiert. Später, wenn ich die Gedanken ausformuliere, klappt das besser, wenn ich die schon mal geschrieben habe. Ich habe das Gefühl das funktioniert viel besser, als wenn ich das direkt in Word schreibe.
Mein Notizbuch nehme ich auch immer mit nach Hause, weil manchmal gibt es Momente, da hat man noch nicht Feierabend, obwohl man Feierabend hat. Da schaltet der Kopf nicht ab und da kann es dann sein, das mir im Zug etwas einfällt, was ich dann direkt in das Notizbuch an die richtige Stelle schreibe. Nach zwei Monaten ist das dann meist schon voll, aber das ist mir egal.
Was macht dich wahnsinnig bei deiner Arbeit?
Manchmal machen mich die SEO-Sachen wahnsinnig. Wir wollen ja, dass unsere Seiten gut ranken. Aber manchmal kommen bei OnPage-Analysen Sachen raus, die total absurd sind. Dann gilt es abzuschätzen, wie wichtig es zum Beispiel ist, das Wort „Seitennavigation“ oder „Barrierefreiheit“ einzubauen.
Wenn man sich dann aber die Erfolge ansieht, dann bin ich doch wieder froh, dass wir das so ernst nehmen. Es ist eine Art Hassliebe, würde ich sagen.
Was würdest du Leuten empfehlen, die auch Online-Redakteur werden wollen?
Es gibt ja das Vorurteil gegenüber der Medienbranche, dass man nicht so viel Geld verdient wie mit einem Wirtschaftsstudium. Da muss man für sich selber abwägen, ob man sich durch ein Studium durchquälen will, um dann einen Job zu machen, den man nicht machen will, nur um mehr Geld zu verdienen. Oder ob man etwas studieren möchte, was einen wirklich interessiert. So habe ich das gemacht. Mein Rat an alle, die noch nicht wirklich wissen was sie machen wollen oder sich noch unsicher sind: Lasst euch nicht reinreden. Traut euch einfach mal und macht das, worauf ihr wirklich Lust habt.
Wie wichtig ist ein Studium für deinen Beruf?
Es schadet nicht, aber zwingend notwendig ist es auch nicht. Man kann auch mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung ein Volontariat anfangen und in einer Online-Redaktion arbeiten. Ich glaube, das Einzige, was man wirklich haben muss, ist das Interesse Content zu produzieren und sich inhaltlich für die Firma zu interessieren, in der man arbeiten will.
Wenn man im Online-Bereich unterwegs ist, sollte man sich natürlich auch für „Online“ interessieren und dort aktiv sein. Man muss Spaß daran haben sich jeden Tag mit seinen Kollegen über die vielen Dinge zu unterhalten, die im Netz, auf Instagram und Facebook und auf all den anderen Plattformen passieren.
Spaß am Schreiben und Bock auf Internet.
Was inspiriert dich?
Wenn man sieht, wie die Leute da draußen im „Real Life“ sind und das mit der Linse Internet reflektiert, dann finde ich das sehr inspirierend. Das Internet ist ein Spiegel der Gesellschaft und die Dinge, die wir im Netz sehen, sind ein Abbild, nur durch verschiedene Filter geschoben.
Was ich außerdem faszinierend finde ist, wie sich die Dinge im Netz verteilen. Da wird zum Beispiel ein Artikel auf Buzzfeed gepostet und innerhalb von zwei Stunden ist der auch bei Zeit und bei der FAZ und dem Guardian. Das finde ich cool zu sehen, wie die Menschen im Internet Informationen verarbeiten. Für uns sind das gute Beispiele, aus denen wir lernen können unsere eigenen Texte noch besser zu machen.
Gibt es Bücher oder Blogs, die du empfehlen kannst?
Generell sollte man sich in Social Media bewegen und lesen, was dort passiert. Dann lese ich ganz gerne Edition F, denn sie bringen viel über Berufe und Karriere, was super interessant ist.
Dann lese ich noch gerne Blogs wie zum Beispiel Nerdcore. The Guardian steht bei mir auch ganz oben auf der Leseliste und das Blog Personalmarketing 2.0.