Benjamin Brühl, Produktmanager bei FinLeap

Wir besuchen Benjamin Brühl im Berliner Office von Finleap. Und obwohl er schon in einigen Startups mitgearbeitet hat, schaffen es die Gründer ihn immer wieder zu überraschen, erzählt er uns: „Du denkst, du hast jetzt schon jahrelang Produktmanagement gemacht. Und dann kommt das nächste Team und überrascht einen mit einem völlig neuen Ansatz.“ Ben zeigt uns Produktmanager Job beim FinTech-Inkubator FinLeap und das helle Startup-Office mit Industrie-Charm.

Vita

Nur kurz nachdem Benjamin Brühl 2011 seinen Bachelor an der WHU Otto Beisheim School of Management erwirbt, sammelt er erste Erfahrungen bei Wimdu, wo er nach einem halben Jahr zum Head of Product wird. 2 Jahre später baut er bei Kiveda das Produkt-Team auf. Nach einer kurzen Phase für die Entwicklung eigener Produkte geht er zu Finleap, wo er heute Venture Head of Product ist.

Tools
  • Sketch, Photoshop
  • Flinto, Principles
  • Jira, Confluence, HipChat
  • Skype, Slack
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Hallo Benjamin, was ist deine Rolle bei FinLeap?

Bei FinLeap habe ich zwei Aufgabenbereiche. Zum einen bin ich “Venture” Head of Product, bei einem unserer Ventures. Meine Aufgaben sind Business-Development, Research, Customer-Development und Produktmanagement.

Der zweite Teil ist Head of Product bei FinLeap. Da kümmere ich mich also um das Product und Design Team und entwickle die Expertisen, die wir zum Aufbau unserer Ventures benötigen. Beispielsweise bin ich für das entsprechende Recruitment des Company Builders zuständig, aber auch für unsere Ventures, je nachdem wo gerade Bedarf ist.

An welchen Projekten arbeitest du gerade?

FinReach ist ein „Software as a Service“-Produkt für Banken, ein B2B2C-Produkt. Angenommen, du möchtest die Bank wechseln, dann ist das normalerweise ein aufwendiger, intransparenter Prozess, bei dem der Kontoinhaber viele Formulare ausfüllen muss, und bei dem man dann doch nicht an alles denkt.

Unser Tool verknüpft sich einfach mit deinem Konto, analysiert die Bezahlpartner und erstellt erstmal eine strukturierte Übersicht. Die Bezahlpartner lassen sich dann benachrichtigen und damit ist die Aufgabe innerhalb von durchschnittlich sieben Minuten erledigt. Das Geschäftsmodell besteht darin, dass Banken eine White Label-Version des Produktes lizenzieren.

Bitte beschreibe deinen Werdegang.

Nach dem Abi habe ich an der WHU – Otto Beisheim School of Management bei Koblenz auf Bachelor studiert. Das ist eine kleinere Uni, die sich auf International Business Administration fokussiert. Nach dem Studium habe ich direkt die ersten Startup-Erfahrungen bei Wimdu gesammelt. Das war die erste längerfristige berufliche Erfahrung. Nach einem halben Jahr wurde ich als Head of Product eingesetzt, da der damalige Head of Product das Unternehmen verlassen hat.

Nach zwei Jahren bin ich zu Kiveda gewechselt. Dort habe ich das Produkt-Team aufgebaut und wir haben versucht, ein E-Commerce-Unternehmen für Küchen aufzubauen.

Danach kam eine Phase, in der ich versucht habe, eigene Projekte umzusetzen. Mein wichtigstes Learning aus der Zeit war, dass man auf jeden Fall einen Mitgründer benötigt, um ein wirkliches Commitment machen und Geld investieren zu können. Das war dann auch der Grund, warum ich zu FinLeap gekommen bin. Hier kann ich schnell lernen, wie man eine eigene Firma aufbaut und lerne Leute kennen, die potentielle Co-Founder sein könnten. Insgesamt habe ich also ca. fünf Jahre Erfahrung in der Produktentwicklung.

Was reizt dich an deinem Job am Meisten?

Für mich ist die Produktentwicklung der spannendste Bereich, denn bei digitalen Firmen im FinTech-Bereich findet die Wertschöpfung direkt durch das Produkt statt.

Meiner Meinung nach gibt es drei unterschiedliche Personentypen im Produktmanagement. Da ist zum Einen der Produktmanager, der früher einmal Entwickler war und vielleicht sogar IT studiert hat. Der kann selbst mit Hand anlegen und sich um die Systemarchitektur kümmern. Dann gibt es den Produktmanager, der eher aus der Design- und Psychologie-Ecke kommt und sich um die UX kümmert. Die dritte Richtung sind die Business-Leute, wie ich es einer bin.

Welche Aufgaben hattest du konkret bei FinReach und welche Methoden kamen zur Anwendung?

Am Anfang stand wie so oft Research an. Es ging darum, das Kundenproblem zu verstehen und zu analysieren, was die Konkurrenz macht. Als wir eine ungefähre Idee hatten, was wir machen wollen, galt es herauszufinden, welcher Userflow am besten funktioniert.

Bei FinReach ging es zum Beispiel innerhalb eines Userflows darum, ein Formular zu entwerfen, über das eine Verbindung mit dem bestehenden Bankkonto hergestellt werden sollte. Dafür haben wir die Crazy Eights-Übung aus dem Google Venture Design Sprints genommen. Innerhalb kürzester Zeit können mit der Methode kreative Lösungen gefunden werden.

Wir haben uns also zu fünft hingesetzt, jeder mit einem Blatt Papier, das wir drei Mal gefaltet haben, um acht Felder zu erhalten und innerhalb von fünf Minuten acht mögliche Lösungsansätze skizziert. Fünf Minuten sind sehr knapp und daher muss man sich sehr stark konzentrieren. Da man nicht acht Mal das Gleiche machen darf, kommt man tatsächlich auf kreative Lösungen.

Danach hat jeder erneut 15 Minuten Zeit, sich die seiner Meinung nach beste Idee rauszusuchen, um sie genauer zu erklären. Die Konzepte werden dann an ein Whiteboard gehängt und man sieht erstmalig die Ideen der anderen, die dann mit gelben Stickern bewertet werden. Dadurch entsteht eine Heatmap. Und erst jetzt kann darüber diskutiert werden. Der Designer nimmt die Vorschläge und erstellt einen ersten Entwurf.

Die ganze Session dauert eine halbe Stunde. Für einen Design-Sprint machen wir diese Übung einen halben Tag lang mit unterschiedlichen Abschnitten der Userstory.

Wie sieht dein Alltag bei FinLeap aus?

Das hängt davon ab, welcher Alltag gerade ansteht. Grundsätzlich komme ich so gegen Neun mit der U-Bahn ins Büro. In der Regel esse ich hier auch mein Frühstück, meist Müsli mit frischem Obst und dann geht es auch schon los.

Ist es ein Tag, an dem mehr FinLeap-Themen auf dem Plan stehen, geht es viel um Personalfragen. Da gilt es ein neues Talent für FinLeap zu begeistern oder auch für eines unserer Ventures. Heute ist zum Beispiel so ein Tag, an dem ich viele Interviews mit Bewerbern führe.

Arbeite ich direkt im Venture, stehen nach dem Frühstück die ersten Kick-Offs, zum Beispiel mit den Entwicklern an. Ich checke auch relativ früh meine Mails, damit ich sehe, was vom Vortag noch offen ist. Es gibt Tage, da muss man überall gleichzeitig sein, weil es so viele kleine Feuer zu löschen gibt. Und es gibt Tage, an denen man sich wirklich konzentriert hinsetzen kann und mit Kopfhörern auf auch mal drei Stunden an einem Thema arbeitet.

Allerdings gibt es selten reine FinLeap- oder Venture-Tage. Es kann dann also auch mal sein, dass ein FinLeap-Teammeeting ansteht mit allen Produktmanagern und Designern, obwohl man gerade bis über beide Ohren mit dem Venture zu tun hat.

Welche Tools verwendet ihr?

Für Wireframes und Mockups nutzen wir Sketch. Photoshop ist mehr oder weniger tot, was das anbelangt. Invision nutzen wir, um klickbare Prototypen zu erstellen. Wir schauen uns gerade aber auch andere Technologien wie Flinto und Principle an. Unsere Entwickler nutzen Tools von Atlassian, Jira als Ticketsystem und Confluence als Wiki und dann eben auch HipChat, weil sich das gut in die anderen Produkte integrieren lässt. Zum Chatten nutzen wir Skype oder Slack, wobei wir immer mehr Slack verwenden.

Können eure Ventures auch eigene Tools verwenden?

Wir bei FinLeap haben schon ganz klare Tool-Empfehlungen und Best-Practices. Wenn ein Gründer aber bereits Tool-Sets mitbringt, dann geht das für uns auch in Ordnung.

Welche Themen beschäftigen dich gerade im Produktmanagement?

Den Google Venture Design Sprint habe ich ja bereits erwähnt. Einiges, was Google auf seinem Blog dazu veröffentlicht, finde ich sehr spannend, weil es die agile Methode nochmal auf die Spitze treibt.

Das Thema Prototyping und Testing ist für uns gerade wichtig. Denn da sind wir noch nicht auf dem richtigen Weg. Deswegen schaue ich mir gerade intensiv Tools an, mit denen man möglichst realistisch darstellen kann, was eigentlich noch nicht entwickelt wurde.

Außerdem fangen wir an, uns mit Artificial Intelligence und Machine Learning zu beschäftigen. Und Banking in Virtual Reality wird sicherlich auch bald ein Thema sein.

Welche Trends gibt es in der FinTech-Branche?

Ein Thema, das aufgrund der starken Regulierung der Banken gerade große Schritte macht, ist Banken-Services als Schnittstelle zur Verfügung zu stellen. Startups, die zum Beispiel eine App bauen wollen, um Peer-to-Peer Geld zu überweisen, können dann einen Service dafür entwickeln. Solarisbank, eine Gründung von uns, ist zum Beispiel ein Schritt in diese Richtung, was auch bereits einige Nachahmer auf anderen Kontinenten hat.

FinTech ist deshalb ein spannender Bereich, weil sich vieles nicht so einfach umsetzen lässt, aber jeder ein Konto hat. Die Verbindung Bank-zu-Kunde ist sehr wertvoll.

Einer etablierten Bank traut man noch immer mehr als einem jungen Startup, das noch niemand kennt.

Wenn wir eins in den letzten Jahren gelernt haben, dann dass man mit Banken zusammenarbeiten muss. FinReach zum Beispiel will eine Bank nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Was brauchst du um effektiv arbeiten zu können?

Laptop, Handy, Kopfhörer und einen XL-Schreibblock, in dem man viel Platz hat auch mal gemeinsam an einer Idee zu arbeiten. Gerade am Anfang einer Idee ist Stift und Papier unschlagbar schnell. Ich bin zwar kein Designer, aber das Skizzieren von Nutzerflows funktioniert auf Papier einfach am besten.

Wenn man außerdem so viel Zeit im Büro verbringt, dann ist es wichtig, dass man sich mit seinen Kollegen gut versteht und auch mal einen trinken gehen kann.

Was zeichnet die Arbeit bei einem Inkubator wie FinLeap aus?

Ich finde es super spannend mit unterschiedlichen Teams zusammenzuarbeiten. Man denkt, man hat jetzt schon jahrelang Produktmanagement gemacht und dann kommt das nächste Team, der nächste CTO und überrascht einen mit einem völlig neuen Ansatz. Die Lernkurve ist super steil und unser Team hat einen super Vibe. Das macht einfach Spaß!

Würdest du sagen du bist erfolgreich?

Das kommt darauf an, was man unter Erfolg versteht. In meinem Uni-Jahrgang gibt es schon einige, die bei McKinsey sind und wesentlich mehr verdienen als ich. Für mich persönlich bedeutet Erfolg im Moment, dass ich Problemlösungen baue, die auch wirklich genutzt werden. Wobei ich das im Alltag manchmal gar nicht merke. Da nutzen 100.000 Kunden deinen Service und du denkst nur daran, wie man das noch weiter optimieren kann.

Head of Product von FinLeap zu sein, sehe ich als einen Erfolg. Gleichzeitig lerne ich aber auch nie aus. Eine Startup-Gründung habe ich fest eingeplant und zwar in einem Bereich, indem die Wertschöpfung maßgeblich digital wie im FinTech-Bereich stattfindet.

Was denkst du wissen die meisten nicht über deinen Job?

Dass die Kommunikation mit den verschiedenen Beteiligten das Wichtigste ist. Vielleicht gibt es bereits eine Produkt-Lösung, aber man muss immer wieder alle Stakeholder an die Ziele erinnern und neu abholen. Gerade als Produktmanager berichtet einem keiner etwas, sondern man muss sich immer wieder die Infos besorgen, die man braucht, um die Kommunikation aufrechterhalten.

Welche Eigenschaften muss man mitbringen, um deinen Job machen zu können?

Eine schnelle Auffassungsgabe und die Fähigkeit Probleme schnell lösen zu können. Außerdem ist Empathie wichtig, sowohl im Team als auch bei Nutzerbefragungen. Ein Studium halte ich grundsätzlich für sinnvoll, denn dort lernt man sich über eine längere Zeit mit einem Thema auseinanderzusetzen.

Gibt es etwas, was in deinem Job immer wieder falsch gemacht wird?

Ja, es gibt Leute, die denken, dass sie ganz genau wissen wie etwas sein müsste und ihre Meinung extrem verteidigen. Aber wenn man das ein paar Mal mitgemacht hat und mit einem A/B-Test gezeigt hat, dass es nicht so ist, dann kann man sich die Reibereien auch sparen. Zu viel Wert auf die eigene Meinung zu setzen, ist oft nicht hilfreich.

Was inspiriert dich?

Es gibt viele Design-Themen, die mich inspirieren, oder Agenturen, die ganz abgefahrene Sachen machen. Musik ist grundsätzlich wichtig für mich. Ich spiele selber Gitarre und da versetzt mich elektronische Musik oder auch mal Alternative oder Rock in einen Konzentrationstunnel.

Aber auch die Freiheit hier bei FinLeap vieles ausprobieren zu können. Diese ganze kreative Arbeit macht mir viel Spaß.

Welche Bücher oder Blogs kannst du empfehlen?

Ich finde den Invision Blog sehr gut. Die schicken immer sehr gute Tipps. Was ich außerdem sehr gerne lese ist First Round. Sie interviewen sehr ausführlich erfolgreiche Unternehmer, die sich mit Themen wie Team-Management oder Marketing auseinandergesetzt haben.

Vielen Dank für das Interview!

Webseite: FinLeap