Opportunity Solution Trees in der Produktentwicklung
08. Februar 2023MyHammer ist Deutschlands größtes digitales Handwerkerportal und seit der Gründung 1996 eines der deutschen Internet-Urgesteine. Die Inhalte dieses Vortrags basieren auf dem Vortrag von Gergana Angelova auf dem Digitale Leute Summit 2022. Gergana arbeitet als UX-Designerin bei MyHammer und führt hier als Teil des Teams neue Produkte ein.
Wie kann man eine Produkt- und Ideenentwicklung vom Business Case bis hinunter zum Experiment planen? Mit den Opportunity Solution Trees steht hier ein Tool zur Verfügung, mit dem der Prozess und auch die Entscheidungen anschaulich visualisiert werden können. Es unterstützt die Erforschung und auch die Filterung von potentiellen Features und Produktinnovationen.
- In diesem Artikel lernt ihr
- Wie der Opportunity Solution Tree definiert ist
- Wie der Opportunity Solution Tree aufgebaut ist
- Wie die Ergebnisebene gestaltet ist
- Wie die Ebene der Möglichkeiten genutzt werden kann
- Welche Methoden es gibt, um die Möglichkeiten zu erforschen
- Wie Lösungsansätze bearbeitet werden können
- Wie die Lösungsansätze in Experimenten getestet werden
- Wie sich die Experimente auf das Ergebnis auswirken
Teresa Torres hat die Opportunity Solution Trees (OST) erstmalig definiert und angewendet. Sie arbeitet als Coach, Autorin und Speakerin rund um Produktthemen. In ihrem Buch „Continuous discovery habits“ beschreibt sie die Idee dahinter.
OST folgt so bestimmten Prinzipien, die in den agilen Frameworks so oder so ähnlich häufig definiert werden: Ergebnisorientierung, nutzerzentriert, überprüfbar (outcome orientated, human centered, evidence driven).
Es geht bei der Erkundung darum, Lösungen für Probleme zu finden – etwa so, wie es im VUCA-Framework (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) definiert ist. Denn: Die Kundenbedürfnisse und -erwartungen ändern sich, auch (aktuelle) Krisen nehmen direkten oder indirekten Einfluss. Immer drängender ist es, schnell zu lernen. Dabei kann OST helfen.
Wie der Opportunity Solution Tree aufgebaut ist
OST besteht aus vier Ebenen:
- Ergebnis („outcome“),
- Möglichkeiten („opportunities“),
- Lösungen („solutions“),
- Experimente („experiment“).
OST adressiert dabei sowohl den Problem- als auch den Lösungsraum, ganz ähnlich, wie es zum Beispiel auch beim Design Thinking gemacht wird.
Wie die Ergebnisebene gestaltet ist
Die Ergebnisebene ist die der Business Cases. Im Rahmen von OST sollte man hier nur wenige Ziele festlegen, damit das Team nicht mit zu vielen widerstrebenden Zielen überlastet wird.
Beispiel: Ein Essenslieferdienst hat das Ziel, den Umsatz jedes Jahr um 15 Prozent zu steigern. Das ist ein schwieriges Ziel, welches durch viele Variablen beeinflusst wird, denn der Umsatz wird beeinflusst durch das Produkt und durch verändertes Nutzerverhalten.
Das Ziel von OST ist es nun, herauszufinden, welche Produktergebnisse einen Einfluss auf den wirtschaftlichen Umsatz haben. Im Beispiel beeinflussen zwei Produktergebnisse den Umsatz:
- 10 Prozent mehr Produktverkäufe von Produkten, die für über 35 Euro verkauft werden,
- Erhöhung der wiederkehrenden Nutzer um 15 Prozent.
An diesen Zielen können die Produktentwickler direkt arbeiten. Es sind leitende Indikatoren („leading indicators“), denn ihre Veränderung führt zu einer Veränderung des wirtschaftlichen Erfolgs. Sie können zudem jederzeit sehr gut überprüft werden. Im Gegensatz dazu sind wirtschaftliche Zahlen – wie etwa die 15 Prozent Umsatzsteigerung – nachgelagerte Indikatoren („lagging indicators“), denn sie können erst im Rückblick erfasst und nicht direkt beeinflusst werden.
OST ist hierfür eine einfache Visualisierungsmethode, denn hier wird für jedes Produktergebnis ein eigener Pfad gestaltet. Der Vorteil: Die Methode ist sehr ergebnisorientiert und verbindet die Nutzererfahrung mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
Wie die Ebene der Möglichkeiten genutzt werden kann
Möglichkeiten haben immer etwas mit den Kunden zu tun. Es wird nun geschaut, wie man sich mit den Kunden verbinden muss, damit das angestrebte Produktergebnis erzielt werden kann. Zwar gibt es Methoden, in den Blickwinkel des Kunden zu wechseln, aber am Ende ist man eben nicht der Kunde und kann nicht dessen Leben beurteilen. Deshalb sind an dieser Stelle Recherchen relevant.
Dafür gibt es viele Quellen, zum Beispiel:
- Logfiles,
- Vertriebsgespräche,
- Supporttickets,
- App-Bewertungen,
- Öffentliche und offene Datenbanken,
- White Papers,
- Akademische Magazine,
- Interviews,
- Umfragen,
- Tagebuchstudien,
- Beobachtungen.
Die Unterscheidung zwischen Recherchen, die Wissen erweitern und Entscheidungen erleichtern sollen, ist hierbei relevant.
- Wissenserweiterung: Das Wissen über den Nutzer soll generell erweitert werden. Es geht darum, ein Verständnis zu entwickeln und daraus proaktiv eine Strategie abzuleiten. Wissenserweiternde Recherchen sind dabei zukunftsorientiert.
- Entscheidungsfindung: Aber gerade Produktentwickler interessieren sich für die Entscheidungspunkte ihrer Nutzer, untersuchen deshalb sehr fokussiert auf ein bestimmtes Problem oder eine bestimmte Annahme. Sie reagieren damit auf Herausforderungen und Chancen und testen mögliche Lösungen.
Welche Methoden es gibt, um die Möglichkeiten zu erforschen
Möglichkeiten lassen sich zunächst am besten mit qualitativen Methoden erforschen. In Abgrenzung: Quantitative Studien setzen auf große Datenmengen mit hunderten und tausenden von standardisierten Interviews und Verfahren, wohingegen Interviews bei den qualitativen Methoden sehr fokussiert und offen mit wenigen Personen geführt werden. Beispiel: Verbunden mit dem Ziel, die Rate der wiederkehrenden Nutzer um 15 Prozent zu erhöhen, haben sich in der Recherche neue Möglichkeiten in Form von Annahmen ergeben:
- „Ich fühle mich schuldig, wenn ich Essen bestelle.“
- „Die Verpackung des Essens verursacht eine Menge Müll.“
- „Ich sollte häufiger kochen.“
- „Ich esse nicht so gesund, wie ich es mir wünsche.“
- „Ich weiß, dass einige Auslieferer unterbezahlt sind.“
Indem die verschiedenen Antworten im Rahmen von OST strukturiert werden, hilft das bei einer Art Kategorisierung und Verästelung der Einsichten, aus denen sich eben Möglichkeiten für das Unternehmen ergeben.
Nach einer Erfassung der verschiedenen Möglichkeiten, werden diese nach dem Grad der Unsicherheit analysiert und eingeteilt. Dies steht dann am Anfang der Nutzung quantitativer Überprüfungsmethoden. Dabei spielen ebenfalls verschiedene Fragen eine Rolle:
- Wie viele Menschen werden durch die Möglichkeit beeinflusst?
- Wie oft tritt sie ein?
- Und wie wichtig ist sie für die Menschen? Ist es ein wichtiges Problem?
Die Analyse der dafür gewonnenen Daten wird in die Visualisierung nach OST eingebaut und zeigt eine deutliche Priorisierung. Das Ziel dieses Prozesses ist es, im letzten Schritt eine „Ziel-Möglichkeit“ zu definieren, auf die sich dann die weitere Arbeit fokussiert.
Wie Lösungsansätze bearbeitet werden können
Auch OST unterscheidet zwischen einem Problem- und einem Lösungsraum. Von der Reihenfolge her ist es wichtig, sich intensiv mit den Problemstellungen zu beschäftigen – und danach erst findet der Wechsel in den Lösungsraum statt.
Zunächst sollen möglichst viele unterschiedliche Ideen für mögliche Lösungen gefunden werden, denn ansonsten besteht das Risiko, dass man sich zu sehr in wenige Ideen verliebt. Quantität führt hier am Ende zu Qualität. Die Anzahl der Methoden ist groß, dazu gehören zum Beispiel:
- Brainstorming
- Crazy8
- Reversals
- 6 Thinking Hats
- 5 Ws & 1H
- Scamper
Alle diese Tools – und viele mehr – werden auch sehr gerne in anderen agilen Frameworks eingesetzt.
Auch die möglichen Lösungsansätze werden nun in den Ablaufbaum nach OST eingeordnet. Und hier stellt sich dann auch schnell heraus, welche Lösungsansätze möglicherweise nicht zum Ziel führen. Diese werden dann aus dem Baum einfach entfernt. Es werden mehrere Iterationen durchgeführt.
Immer wieder dreht es sich auch um folgende Fragestellungen:
- Ist diese Idee für unsere Nutzer wertvoll?
- Ist die Idee marktfähig?
- Ist die Idee ethisch vertretbar?
- Ist sie umsetzbar?
- Ist die Idee von unseren Kunden nutzbar?
Aus dem Pool der Ideen, die auch diese Kriterien erfüllen, werden dann einige wenige ausgewählt, etwa, indem das Team Punkte daran klebt.
Wie die Lösungsansätze in Experimenten getestet werden
Den kompletten Lösungsansatz durchzutesten, würde viel Zeit und Aufwand beanspruchen. Natürlich sollte das Experiment deshalb ebenfalls „lean“ durchgeführt werden. Das gelingt, indem nur bestimmte Annahmen getestet werden. Diese Annahmen werden ausformuliert, und zwar auf mehreren Dimensionen:
- Wissensfragen („know“),
- Verhaltensfragen („want“),
- Verknüpfungsfragen („associate with“).
Ein oft in agilen Methoden verwendetes Verfahren ist, aus den Annahmen Hypothesen zu formulieren, damit daraus bessere Experimente gestaltet werden können. Mögliche Experimentmethoden sind:
- demand test
- concierge,
- smokescreen,
- A/B-Test,
- Wizard of Oz,
- interviews,
- prototype,
- usability test,
- Umfragen,
- Beta Tests.
Je nach Fragestellung und auch Interaktionsmöglichkeit sind unterschiedliche Methoden passend. Die Gefahr besteht, dass dennoch eigene Vorlieben und Vorurteile einfach durch die Experimente bestätigt werden bzw. die Warnhinweise ignoriert werden. Deshalb ist es wichtig, vorher Erfolgskriterien zu definieren.
Beispiel: Ein Kriterium beim Lieferdienst könnte sein, dass mindestens 350 Personen in einer Umfrage befragt werden, ob sie mindestens ein Paleo-Essen kennen. Das Experiment gilt nur dann als erfolgreich, wenn mindestens 70 Prozent der Befragten dieses Kriterium erfüllen.
Wie sich die Experimente auf das Ergebnis auswirken
Die Experimente dienen dazu, vorausgewählte Lösungen weiterzuentwickeln – oder auch zu verwerfen. Das ist kein einmaliger, linearer Prozess, sondern er wird iterativ immer wieder wiederholt. Wichtig ist, dass sich die eigentliche Umsetzung einer Lösung erst an diesen Prozess anschließt.
Die Visualisierung als Opportunity-Solution-Trees gibt so einen Prozess vor, der schon früh auch bei der Entscheidung hilft, was man herausfinden will und was nicht. Das hilft auch bei der Entscheidung, welche Lösung am Ende zu einem fertigen Produkt entwickelt werden soll.
→ Hier findest du die komplette Aufzeichnung ihres Talks
Product Jobs
Über Gergana Angelova: Gergana Angelova arbeitet als UX-Designerin beim Marktplatz MyHammer. Als Teil des Teams für neue Produkte kümmert sie sich um die Bedürfnisse von Hausbesitzern und Gewerbetreibenden und bindet sie dabei in den Designprozess ein. Das Ziel: Risiken minimieren und Chancen priorisieren.
Auf dem Digitale Leute Summit 2022 beschrieb Gergana Angelova, wie sich mithilfe des Visualisierungstools Opportunity Solution Tree (OST) von der Unternehmensführung bis hin zum Experiment Produktentwicklung ergebnis- und kundenorientiert durchführen lässt.
Autor: Jörg Stroisch
Teresa Torres hat die Opportunity Solution Trees (OST) erstmalig definiert und angewendet. Sie arbeitet als Coach, Autorin und Speakerin rund um Produktthemen. In ihrem Buch „Continuous discovery habits“ beschreibt sie die Idee dahinter.
OST folgt so bestimmten Prinzipien, die in den agilen Frameworks so oder so ähnlich häufig definiert werden: Ergebnisorientierung, nutzerzentriert, überprüfbar (outcome orientated, human centered, evidence driven).
Es geht bei der Erkundung darum, Lösungen für Probleme zu finden – etwa so, wie es im VUCA-Framework (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) definiert ist. Denn: Die Kundenbedürfnisse und -erwartungen ändern sich, auch (aktuelle) Krisen nehmen direkten oder indirekten Einfluss. Immer drängender ist es, schnell zu lernen. Dabei kann OST helfen.
Wie der Opportunity Solution Tree aufgebaut ist
OST besteht aus vier Ebenen:
- Ergebnis („outcome“),
- Möglichkeiten („opportunities“),
- Lösungen („solutions“),
- Experimente („experiment“).
OST adressiert dabei sowohl den Problem- als auch den Lösungsraum, ganz ähnlich, wie es zum Beispiel auch beim Design Thinking gemacht wird.
Wie die Ergebnisebene gestaltet ist
Die Ergebnisebene ist die der Business Cases. Im Rahmen von OST sollte man hier nur wenige Ziele festlegen, damit das Team nicht mit zu vielen widerstrebenden Zielen überlastet wird.
Beispiel: Ein Essenslieferdienst hat das Ziel, den Umsatz jedes Jahr um 15 Prozent zu steigern. Das ist ein schwieriges Ziel, welches durch viele Variablen beeinflusst wird, denn der Umsatz wird beeinflusst durch das Produkt und durch verändertes Nutzerverhalten.
Das Ziel von OST ist es nun, herauszufinden, welche Produktergebnisse einen Einfluss auf den wirtschaftlichen Umsatz haben. Im Beispiel beeinflussen zwei Produktergebnisse den Umsatz:
- 10 Prozent mehr Produktverkäufe von Produkten, die für über 35 Euro verkauft werden,
- Erhöhung der wiederkehrenden Nutzer um 15 Prozent.
An diesen Zielen können die Produktentwickler direkt arbeiten. Es sind leitende Indikatoren („leading indicators“), denn ihre Veränderung führt zu einer Veränderung des wirtschaftlichen Erfolgs. Sie können zudem jederzeit sehr gut überprüft werden. Im Gegensatz dazu sind wirtschaftliche Zahlen – wie etwa die 15 Prozent Umsatzsteigerung – nachgelagerte Indikatoren („lagging indicators“), denn sie können erst im Rückblick erfasst und nicht direkt beeinflusst werden.
OST ist hierfür eine einfache Visualisierungsmethode, denn hier wird für jedes Produktergebnis ein eigener Pfad gestaltet. Der Vorteil: Die Methode ist sehr ergebnisorientiert und verbindet die Nutzererfahrung mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
Wie die Ebene der Möglichkeiten genutzt werden kann
Möglichkeiten haben immer etwas mit den Kunden zu tun. Es wird nun geschaut, wie man sich mit den Kunden verbinden muss, damit das angestrebte Produktergebnis erzielt werden kann. Zwar gibt es Methoden, in den Blickwinkel des Kunden zu wechseln, aber am Ende ist man eben nicht der Kunde und kann nicht dessen Leben beurteilen. Deshalb sind an dieser Stelle Recherchen relevant.
Dafür gibt es viele Quellen, zum Beispiel:
- Logfiles,
- Vertriebsgespräche,
- Supporttickets,
- App-Bewertungen,
- Öffentliche und offene Datenbanken,
- White Papers,
- Akademische Magazine,
- Interviews,
- Umfragen,
- Tagebuchstudien,
- Beobachtungen.
Die Unterscheidung zwischen Recherchen, die Wissen erweitern und Entscheidungen erleichtern sollen, ist hierbei relevant.
- Wissenserweiterung: Das Wissen über den Nutzer soll generell erweitert werden. Es geht darum, ein Verständnis zu entwickeln und daraus proaktiv eine Strategie abzuleiten. Wissenserweiternde Recherchen sind dabei zukunftsorientiert.
- Entscheidungsfindung: Aber gerade Produktentwickler interessieren sich für die Entscheidungspunkte ihrer Nutzer, untersuchen deshalb sehr fokussiert auf ein bestimmtes Problem oder eine bestimmte Annahme. Sie reagieren damit auf Herausforderungen und Chancen und testen mögliche Lösungen.
Welche Methoden es gibt, um die Möglichkeiten zu erforschen
Möglichkeiten lassen sich zunächst am besten mit qualitativen Methoden erforschen. In Abgrenzung: Quantitative Studien setzen auf große Datenmengen mit hunderten und tausenden von standardisierten Interviews und Verfahren, wohingegen Interviews bei den qualitativen Methoden sehr fokussiert und offen mit wenigen Personen geführt werden. Beispiel: Verbunden mit dem Ziel, die Rate der wiederkehrenden Nutzer um 15 Prozent zu erhöhen, haben sich in der Recherche neue Möglichkeiten in Form von Annahmen ergeben:
- „Ich fühle mich schuldig, wenn ich Essen bestelle.“
- „Die Verpackung des Essens verursacht eine Menge Müll.“
- „Ich sollte häufiger kochen.“
- „Ich esse nicht so gesund, wie ich es mir wünsche.“
- „Ich weiß, dass einige Auslieferer unterbezahlt sind.“
Indem die verschiedenen Antworten im Rahmen von OST strukturiert werden, hilft das bei einer Art Kategorisierung und Verästelung der Einsichten, aus denen sich eben Möglichkeiten für das Unternehmen ergeben.
Nach einer Erfassung der verschiedenen Möglichkeiten, werden diese nach dem Grad der Unsicherheit analysiert und eingeteilt. Dies steht dann am Anfang der Nutzung quantitativer Überprüfungsmethoden. Dabei spielen ebenfalls verschiedene Fragen eine Rolle:
- Wie viele Menschen werden durch die Möglichkeit beeinflusst?
- Wie oft tritt sie ein?
- Und wie wichtig ist sie für die Menschen? Ist es ein wichtiges Problem?
Die Analyse der dafür gewonnenen Daten wird in die Visualisierung nach OST eingebaut und zeigt eine deutliche Priorisierung. Das Ziel dieses Prozesses ist es, im letzten Schritt eine „Ziel-Möglichkeit“ zu definieren, auf die sich dann die weitere Arbeit fokussiert.
Wie Lösungsansätze bearbeitet werden können
Auch OST unterscheidet zwischen einem Problem- und einem Lösungsraum. Von der Reihenfolge her ist es wichtig, sich intensiv mit den Problemstellungen zu beschäftigen – und danach erst findet der Wechsel in den Lösungsraum statt.
Zunächst sollen möglichst viele unterschiedliche Ideen für mögliche Lösungen gefunden werden, denn ansonsten besteht das Risiko, dass man sich zu sehr in wenige Ideen verliebt. Quantität führt hier am Ende zu Qualität. Die Anzahl der Methoden ist groß, dazu gehören zum Beispiel:
- Brainstorming
- Crazy8
- Reversals
- 6 Thinking Hats
- 5 Ws & 1H
- Scamper
Alle diese Tools – und viele mehr – werden auch sehr gerne in anderen agilen Frameworks eingesetzt.
Auch die möglichen Lösungsansätze werden nun in den Ablaufbaum nach OST eingeordnet. Und hier stellt sich dann auch schnell heraus, welche Lösungsansätze möglicherweise nicht zum Ziel führen. Diese werden dann aus dem Baum einfach entfernt. Es werden mehrere Iterationen durchgeführt.
Immer wieder dreht es sich auch um folgende Fragestellungen:
- Ist diese Idee für unsere Nutzer wertvoll?
- Ist die Idee marktfähig?
- Ist die Idee ethisch vertretbar?
- Ist sie umsetzbar?
- Ist die Idee von unseren Kunden nutzbar?
Aus dem Pool der Ideen, die auch diese Kriterien erfüllen, werden dann einige wenige ausgewählt, etwa, indem das Team Punkte daran klebt.
Wie die Lösungsansätze in Experimenten getestet werden
Den kompletten Lösungsansatz durchzutesten, würde viel Zeit und Aufwand beanspruchen. Natürlich sollte das Experiment deshalb ebenfalls „lean“ durchgeführt werden. Das gelingt, indem nur bestimmte Annahmen getestet werden. Diese Annahmen werden ausformuliert, und zwar auf mehreren Dimensionen:
- Wissensfragen („know“),
- Verhaltensfragen („want“),
- Verknüpfungsfragen („associate with“).
Ein oft in agilen Methoden verwendetes Verfahren ist, aus den Annahmen Hypothesen zu formulieren, damit daraus bessere Experimente gestaltet werden können. Mögliche Experimentmethoden sind:
- demand test
- concierge,
- smokescreen,
- A/B-Test,
- Wizard of Oz,
- interviews,
- prototype,
- usability test,
- Umfragen,
- Beta Tests.
Je nach Fragestellung und auch Interaktionsmöglichkeit sind unterschiedliche Methoden passend. Die Gefahr besteht, dass dennoch eigene Vorlieben und Vorurteile einfach durch die Experimente bestätigt werden bzw. die Warnhinweise ignoriert werden. Deshalb ist es wichtig, vorher Erfolgskriterien zu definieren.
Beispiel: Ein Kriterium beim Lieferdienst könnte sein, dass mindestens 350 Personen in einer Umfrage befragt werden, ob sie mindestens ein Paleo-Essen kennen. Das Experiment gilt nur dann als erfolgreich, wenn mindestens 70 Prozent der Befragten dieses Kriterium erfüllen.
Wie sich die Experimente auf das Ergebnis auswirken
Die Experimente dienen dazu, vorausgewählte Lösungen weiterzuentwickeln – oder auch zu verwerfen. Das ist kein einmaliger, linearer Prozess, sondern er wird iterativ immer wieder wiederholt. Wichtig ist, dass sich die eigentliche Umsetzung einer Lösung erst an diesen Prozess anschließt.
Die Visualisierung als Opportunity-Solution-Trees gibt so einen Prozess vor, der schon früh auch bei der Entscheidung hilft, was man herausfinden will und was nicht. Das hilft auch bei der Entscheidung, welche Lösung am Ende zu einem fertigen Produkt entwickelt werden soll.
→ Hier findest du die komplette Aufzeichnung ihres Talks
Product Jobs
Über Gergana Angelova: Gergana Angelova arbeitet als UX-Designerin beim Marktplatz MyHammer. Als Teil des Teams für neue Produkte kümmert sie sich um die Bedürfnisse von Hausbesitzern und Gewerbetreibenden und bindet sie dabei in den Designprozess ein. Das Ziel: Risiken minimieren und Chancen priorisieren.
Auf dem Digitale Leute Summit 2022 beschrieb Gergana Angelova, wie sich mithilfe des Visualisierungstools Opportunity Solution Tree (OST) von der Unternehmensführung bis hin zum Experiment Produktentwicklung ergebnis- und kundenorientiert durchführen lässt.
Autor: Jörg Stroisch