Wie Project A Ventures das Product Map Framework einsetzt
08. März 2023Tamer El-Hawari hat auf dem Digitale Leute Summit 2022 einen Vortrag zur Product Map gehalten. Dieser Artikel basiert auf diesem Vortrag. Tamer hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung digitaler Produkte, unter anderem für Rocket Internet und für Project A Ventures.
Wie gestaltet man die Produktentwicklung? Gerade auch in Situationen, bei denen parallel Unternehmen in ihrer Entwicklung begleitet werden – so, wie es für Tamer Realität ist in der Unterstützung verschiedener Unternehmen für Project A Ventures -, hilft das Product Map Framework den Überblick zu behalten und relevante Problem- und Fragestellungen zu adressieren. Ziel ist es, die blinden Flecken auszuspüren, generell das Gesamtbild zu schärfen.
- In diesem Text lernt ihr
- Die Grundzüge des Product Map Frameworks
- Wie anhand der Product Map wesentliche Fragestellungen herausgearbeitet werden
- Beispiel: Wie eine Entscheidung mit der Product Map unterstützt werden kann
- Beispiel: Wie Nutzerrecherchen mit der Product Map geleitet werden können
- Beispiel: Wie die Ideenentwicklung mit der Product Map funktioniert
- Wie die Product Map als mentales Modell genutzt werden kann
- Welcher Prozess bei der Product Map Sinn macht
Die Grundzüge des Product Map Frameworks
Wenn man mit vielen Unternehmen zusammenarbeitet, die unterschiedliche technische und konzeptionelle Umgebungen und Wirtschaftsmodellen besitzen, dann gibt es oft sehr schwierige Problemstellungen.
Allerdings haben alle Probleme am Ende das gleiche Set an Elementen, sie bilden Muster.
Weil das so ist, macht es Sinn, die Aspekte einheitlich zu erfassen: mit der Product Map, welche dabei hilft, mit der Komplexität bei der Entwicklung von digitalen Produkten umzugehen. Diese Product Map besteht aus verschiedenen Aspekten:
- Element: Beim Element handelt es sich um ein Konzept mit einer Beschreibung und Leitfragen.
- Interessengebiete: Elemente werden im Anschluss in Interessensgebiete eingruppiert.
Um mehr Orientierung zu bieten, wo man als Produktmanager aktiv werden muss, sind in der Product Map vier Interessensgebiete definiert:
- Generating Insights: Hier werden alle Elemente gruppiert, die sich mit der Informationsbeschaffung und dessen Interpretation beschäftigen.
- Giving Direction: Wenn es um Elemente/Problemstellungen geht, bei denen das Team und das Produkt in die richtige Richtung gelenkt werden muss, dann wird es hier gruppiert. Das ist der Kern der Produktentwicklung.
- Designing Collaboration: Wie können Teams auch innerhalb des kompletten Unternehmens besser zusammenarbeiten? Alle Elemente, die diese Fragestellung betreffen, werden hier gruppiert.
- Creating Products: Elemente, die sich um die Entwicklung von Produkten drehen, werden hier gruppiert. Dabei geht es auch um die Entwicklung von Konzepten und Prototypen.
In den jeweiligen Gruppen haben sich Muster herausgebildet, welche Fragestellungen und auch welche Methoden hier zur Anwendung kommen.
Beispiel: Fragestellungen rund um die Analyse von wichtigen Trends sind in der Gruppe „Generating Insights“ angesiedelt. Trends sind dabei per Definition eine generelle Richtung, in der sich etwas ändert, entwickelt oder auf die etwas zusteuert.
Dazu lassen sich Leitfragen aufstellen:
- Was sind die generellen Markttrends?
- Welche technologischen Innovationen könnten für das Produkt relevant werden?
- Vor welchen wirtschaftlichen und makroökonomischen Herausforderungen stehen wir?
Wie anhand der Product Map wesentliche Fragestellungen herausgearbeitet werden
Am Anfang eines Projektes stellt sich immer die Frage, ob das Produkt funktioniert. Als Leitfragen für den Einstieg bieten sich hier an:
- Wie genau kennen wir das Produkt?
- Wie relevant ist das Produkt?
Es gibt nun eine Reihe an Mustern, anhand derer sich diese Fragestellung genauer betrachten lässt, etwa aus der Gruppe „Generating Insights: Kennen wir unsere Nutzer? Oder: Wissen wir, wann wir erfolgreich sind? Oder aus der Gruppe „Designing Collaboration“: Teilen wir unsere Einsichten untereinander? Und in der Gruppe „Creating Products“: Können wir mit dem Produkt wirklich wachsen?
In einer Art Ampelsystem lässt sich dann damit visualisieren, in welchen Bereichen noch offene Frage- und Problemstellungen sind.
Ein guter Startpunkt ist dabei die Gruppe „Giving Direction“ mit den Elementen: Opportunity, Solution, Uniqueness und Value Creation. Die Erfahrung ist, dass Unternehmen, die Wachstumsschwierigkeiten haben, oftmals ein Problem in einem dieser vier Bereiche haben.
Im nächsten Schritt bietet es sich für Produktmanager an, sich mit den Elementen User, User Needs, User Behaviour und User Journey in der Gruppe „Generating Insights“ zu befassen, um sich dann im nächsten Schritt auf die Goals, Plans und Initatives in der Gruppe „Giving Direction“ zu fokussieren.
Beispiel: Wie eine Entscheidung mit der Product Map unterstützt werden kann
Eine schwierige – und ganz typische – Situation im Produktmanagement ist es, wenn es zwar eine eindeutige Priorisierung für ein Feature gibt, aber jemand – oftmals hierarchisch höher angesiedelt – das vehement in Zweifel zieht und zum Beispiel auch die zugrundeliegende Matrix kritisiert.
Hier kann die Product Map mit ihren Leitfragen und Elementen helfen:
- Goals: Welches Feature passt besser zum Ziel?
- Plans: Welches Feature passt besser zur Roadmap?
- Impact: Welchen Einfluss wird dieses Feature haben?
- User Needs: Welche Nutzerbedürfnisse werden mit diesem Feature befriedigt?
- Value Creation: Wie können mit diesem Feature Werte fürs Unternehmen und den Nutzer generiert werden?
Ein Nebeneffekt: Wenn sich diese Fragen nicht beantworten lassen, ist auch klar, dass es hier noch ein Defizit, eine Unsicherheit gibt, die zunächst behoben werden sollte. Vielleicht stellt sich heraus, dass die Ziele gar nicht kundenzentriert sind oder der Einfluss von Produkten bisher nicht gemessen wird.
Für den Produktmanager ist es gut, wenn er seinen Blick auf diese Bereiche ausweitet und hier auch die richtigen Fragen stellen kann.
Beispiel: Wie Nutzerrecherchen mit der Product Map geleitet werden können
Immer wieder stellt sich die Frage, was genau man seine Nutzer fragen sollte. Eine Hilfe dabei kann sein sich an folgenden Elementen der Product Map zu orientieren:
- Segments
- Value Prepostion & Unique Selling Point
- User Needs
- Functionality
Aus dieser Perspektive heraus kann dann das Nutzerinterview gestaltet werden: Was soll konkret aufgedeckt werden? Zudem stellt sich heraus, inwiefern bestimmte Aussagen Relevanz haben, etwa, wenn ein Interviewpartner einem wichtigen Segment, einer wichtigen Zielgruppe zugeordnet werden kann.
Beispiel: Wie die Ideenentwicklung mit der Product Map funktioniert
Mithilfe der Product Map lassen sich vage Ideen gezielt zu datengetriebenen Ideen entwickeln, indem die verschiedenen Elemente miteinander verknüpft werden und die Idee dadurch in einen Gesamtkontext gestellt wird. Eine große Rolle spielt hier natürlich der Nutzer und der Wettbewerb.
Um aus den datengetriebenen Ideen wirklich gute Ideen zu machen, werden weitere Elemente der Product Map eingebunden und hinterfragt – Opportunity, Solution, Uniqueness und Value Creation, also auch Aspekte, die sich sehr stark mit dem Business Modell auseinandersetzen. Das führt dann auch zu einer Einteilung notwendiger Ressourcen und hilft dabei, Erwartungen genauer zu definieren.
Mithilfe der Product Map lässt sich so nicht nur die Entstehung einer guten Idee begleiten, sondern sie lässt sich auch im Detail begründen und erklären.
Wie die Product Map als mentales Modell genutzt werden kann
Die Product Map ist kein eindimensionales Instrument, in dem die Elemente nach und nach abgearbeitet werden. Sondern Sie kann in vielfältiger Weise genutzt werden, um neue Einsichten zu generieren.
- Deep Dive: Jedes einzelne Element kann sehr tief recherchiert werden.
- Relationships: Auch interessant ist es, verschiedene Elemente miteinander zu kombinieren und zu schauen, was sich aus dieser Kombination ergibt, etwa, wenn die Nutzerbedürfnisse mit der User Journey in Beziehung gesetzt werden.
- Aggregation: Man kann die Product Map dazu nutzen, Elemente zusammenzubringen. Beispiel: Eine Produktstrategie kann ganz konkret anhand verschiedener Element aufgesetzt werden und wird so sehr konkret.
- Overlaps: Mit der Product Map kann auch gezeigt werden, wie verschiedene Konzepte ineinanderwirken und wie sie sich gegenseitig beeinflussen, etwa, wie ein OKR-System mit dem Opportunity-Solution-Tree verbunden ist.
Welcher Prozess bei der Product Map Sinn macht
Der Vorteil der Product Map liegt darin, dass eine Vielzahl an Elementen zur Verfügung stehen, die auf ganz unterschiedliche Art erarbeitet werden können. Ein möglicher Prozess ist:
- Situation benennen: Was ist die Hauptfragestellung? Etwa, wie soll das Produktmarketing gestaltet werden.
- Auswahl der Elemente: Relativ schnell und intuitiv werden nun die Elemente auf der Product Map ausgewählt, die zur Hauptfragestellung passen.
- Verbindungen herstellen: Im Anschluss werden die Elemente miteinander in Beziehung gesetzt – „connect the dots“.
- Schlussfolgerungen ziehen: Aus diesen Verbindungen können nun sehr einfach gehaltene Schlussfolgerungen über die Stärken und Schwächen im Produktentwicklungsprozess gezogen werden.
Der Sinn der Product Map ist es eben, den Produktprozess zu analysieren, zu reflektieren, zu gestalten und zu kommunizieren. Sie lässt sich als Framework gut an eigene Bedürfnisse anpassen, zum Beispiel, indem andere Elemente aufgenommen werden.
Product Jobs
→ Hier findest du die komplette Aufzeichnung seines Talks
Über Tamer El-Hawari: Tamer El-Hawari hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung digitaler Produkte, unter anderem als Produktmanager bei Rocket Internet. Im Laufe seiner Karriere unterstützte er über 50 Unternehmen in der Früh-, Wachstums- und Spätphase. Als CPO arbeitet er beim Venture Capitalist Project A Ventures
Auf dem Digitale Leute Summit 2022 beschrieb Tamer El-Hawari das Product Map Framework in der praktischen Nutzung.
Autor: Jörg Stroisch