Katrin Pereslavskaya hat jahrelange Erfahrung im Bereich UX-Research, baute so für „Bild“ und smava die entsprechenden Abteilungen auf und ist heute bei Qudosoft in diesem Bereich tätig. Auf dem Digitale Leute Summit 2022 erklärt sie, was für die erfolgreiche Etablierung von UX-Research in einem Unternehmen notwendig ist.
- In diesem Text lernt ihr
- Welche Rolle die Stakeholder spielen
- Welche Rolle andere Daten-Menschen spielen
- Welche Rolle die Kritiker spielen
- Wie man die Recherchen sichtbar macht
- Wie man die Daten gut sichert
Welche Rolle die Stakeholder spielen
Wenn jemand neu als UX-Researcher in einem Unternehmen anfängt, sollte er sich nicht so sehr mit Studien beschäftigen, sondern zunächst versuchen, bestimmte Gruppen im Unternehmen zu verstehen. Die erste dieser Gruppen ist die der Stakeholder, die direkten Unterstützer der eigenen Arbeit. Diese sind zwar in irgendeiner Form mit der eigenen Arbeit verbunden. Es ist aber dennoch sinnvoll, diese Menschen außerhalb der offiziellen Meetings zu treffen, am besten außerhalb des Büros. Drei Fragen sind hier relevant:
- Welche Herausforderungen haben sie aktuell?
- Wie kann Research bei der Überwindung dieser Herausforderungen helfen?
- Welche Vorerfahrungen gibt ein Bezug auf Research?
Es ist dann sinnvoll, diese Stakeholder regelmäßig zu treffen, zum Beispiel einmal im Monat.
Welche Rolle andere Daten-Menschen spielen
Mitarbeiter, die sich mit Daten beschäftigen, sind sehr wichtig für die eigene Arbeit. Ob im Customer Relation Management, Marketing, Market Research: Sie sollten kontaktiert werden. Auch hier sind drei Fragen entscheidend:
- Welche Art von Daten sammeln sie?
- Auf welchen Wegen sammeln sie die Daten?
- Wie wird ihre Arbeit im Unternehmen wahrgenommen?
Diese Mitarbeiter sollten sich auch regelmäßig treffen, vielleicht in Form von regelmäßigen Jour Fixes. Der Austausch von Berichten kann ebenfalls nützlich sein.
Welche Rolle die Kritiker spielen
Es gibt viele Kritiker im Unternehmen, die die Arbeit des UX-Research nicht sonderlich wertschätzen. Oft ist die Kritik nicht persönlich gemeint, sondern resultiert aus mangelnder und schlechter Erfahrung mit Research. Solche Kritiker sehen sie als Hindernis im Entwicklungsprozess. Zwei Fragestellungen sind hierbei relevant:
- Welche konkreten Bedenken haben sie?
- Woher kommen diese Bedenken?
Hier ist es sinnvoll, kurz zu erklären, was UX-Research überhaupt ist und mit welchen Methoden es im Unternehmen angewendet wird. Wichtig ist auch, wie diese Kritiker konkret in diesen Prozess eingebunden werden können. Pilotstudien sind hier oft ein guter Türöffner.
Wie man die Recherchen sichtbar macht
Wichtig ist es, die Rechercheergebnisse bei jeder erdenklichen Möglichkeit im Unternehmen zu präsentieren. Damit die Präsentation gut ankommt, spielen ein paar Dinge eine Rolle:
- Eine gute Überschrift finden.
- Beschreiben, was man genau gemacht hat.
- Zeigen, was Großartiges erreicht wurde: mit Fakten.
Mittel, um diese Aufmerksamkeit zu generieren, sind zum Beispiel:
- Alle einladen, Teil der nächsten Interviews zu werden, damit erfahrbar ist, wie sich Nutzer fühlen.
- Regelmäßig einen Research-Newsletter versenden: am besten auf Grundlage eines eigenen Designs, um wiedererkennbar zu sein, mit Einleitung, Screenshots mit kurzer Ergebnisdarstellung und Links zu den detaillierten Ergebnissen.
- Etablieren von UX Research-Kanälen, etwa auf Slack, mit den Ergebnissen, anderen Studien, zukünftigen Studien, Rätseln und Meinungsabfragen.
- und viele weitere Aktionen, wie etwa das Streamen von Interviews, eine Wall of Fame, Aufbau eines Panels etc.
Wie man die Daten gut sichert
Es gibt nach Tomer Sharon vier Probleme mit der Sicherung von Daten:
- Schlechter Recherchespeicher: Das führt dazu, dass man ähnliche Dinge wiederholt recherchiert.
- Recherche-Silos: Recherche ist in verschiedenen Abteilungen aufgeteilt, die ihre eigenen Daten-Silos betreiben und sich nicht austauschen.
- Reports: Sie kosten in ihrer Erstellung sehr viel Zeit und fokussieren sich dennoch nur auf einen kleinen Teil der Studie. Weitere relevante Informationen gehen so verloren.
- Recherche-Diktatur: Wenn jemand nur einen Teil einer Recherche benötigt, kostet es Zeit, wenn diese Informationen ausschließlich zentral beaufsichtigt und herausgegeben werden.
Es sollte also ein Weg etabliert werden, wie man die Daten gut sichert. Und hier kann mithilfe von Polaris mit drei inhaltlichen Ebenen gearbeitet werden:
- Diamanten: Auf dieser Ebene ergeben sich generelle Wahrheiten, beschreibend und gesammelt über Marktrecherchen, ethnografische Interviews und Analysen. Ein Diamant stellt die größte Erkenntnis einer qualitativen Studie dar, die eine bestimmte Situation beschreibt. Ein Diamant wäre zum Beispiel, wenn festgestellt wird, dass sehr häufig in der Navigation herumgeklickt wird, bevor ein Nutzer sein Ziel erreicht. Es ist noch nicht klar, ob das ein Problem ist.
- Nuggets: Ein Nugget ist hingegen ein Thema, welches verschiedene Einsichten zusammenfasst. Es arbeitet auch beschreibend, aber es ist kleinteiliger als ein Diamant. Erhebungsmethoden sind alle Arten von Usabilitytests. In Bezug auf die Navigation wird dann zum Beispiel festgestellt, dass die Hauptnavigation nicht funktioniert. Es wird ermittelt, dass es ein Problem gibt, aber es ist noch nicht klar, warum das so ist.
- Einsichten: Eine Einsicht ist die kleinste Informationseinheit. Sie ist sehr handlungsorientiert. In Bezug auf die Navigation wäre eine Einsicht zum Beispiel, dass sie zu viele Unterkategorien hat, diese vielleicht falsch benannt sind oder vielleicht der dahinter liegende Inhalt sinnlos ist.
Um die Daten vernünftig nach dem Schema zu organisieren, kann zum Beispiel das Tool Airtable verwendet werden.
Product Jobs
→ Hier findest du die komplette Aufzeichnung ihres Talks
Über Katrin Pereslavskaya: Katrin Pereslavskaya arbeitet als Senior UX-Researcher bei Qudosoft, einer Tochtergesellschaft der Klingel-Gruppe. Zuvor arbeitete sie unter anderem für „Bild“ und den Online-Kreditvergleich smava, wo sie die UX-Forschungsabteilungen aufgebaut und die UX-Forschung geleitet hat.
Auf dem Digitale Leute Summit 2022 beschrieb Katrin Pereslavskaya, welche Faktoren bei dem Aufbau einer UX-Research-Abteilung eine Rolle spielen.
Autor: Jörg Stroisch